Stellt euch vor, man sitzt quasi über Monate daheim herum, kann sich vor Kälte kaum bewegen und dann knallt ordentlich die Sonne auf eure Behausung. Dann geht es ordentlich los am Flugloch. Im Januar und Anfang Febuar 2021 gab es einige Warmperioden, die die Bienen zur Vorbrut animiert haben; Hasel und Schneeglöckchen haben zu blühen begonnen. Das ist ungefähr der gleiche Zeitraum wie im vorangegangenem Jahr, aber immer noch vergleichsweise früh. Der Vorfrühling ist da. Dann kam im Februar ein Kälteeinbruch von ca. einer Woche mit Temperaturen zwischen -6 und -17 Grad Celsius. Da müssen die Bienen nochmal zusammenrücken, um die Brut zu wärmen. Die Völker, die diesen Schock überstanden haben, sollten mit guter Brut in die sehr warme zweite Februarhälfte starten.
Solche Warmphasen nutzen Imker, um Ordnung in die Beute zu bringen, zumindest beim Beutenmaß Dadant. Leergefressene Futterrahmen kommen raus und werden eingeschmolzen, wenn sie intensiv zur Brut benutzt wurden oder aufgehoben, wenn sie schön hell sind, um sie im Spätsommer evtl. wieder zugeben zu können, damit die Bienen futter einlagern. Volle Futterrahmen werden um das Brutnest herumgehängt. Die übrigen kommen hinter das Schied. So soll ein kompaktes Brutnest mit Wärmedämmung und gutem Futterzugang erreicht werden. Für Schlechtwetterphasen und Kälteperioden, die sicherlich noch kommen werden, können die Bienen das Futter hinter dem Schied gut erreichen.
Nun muss der richtige Moment für das Aufsetzen der Honigräume abgewartet werden. Idealerweise einige Tage vor Beginn der Obstblüte. Dann müssen allerdings auch die Futterrähmchen raus. Eine kritische Phase, weil dann die Vorräte knapp werden und Kälteeinbrüche dann das Volk gefährden könnten.
So um das zweite März-Drittel herum blüht die Forsythie in München und läutet den Erstfrühling ein. Bis zur Blüte der Kirschen ist es jetzt nicht mehr weit, die immer so Anfang bis Mitte April zu blühen beginnt; dieses Jahr war es in München in der ersten Aprilwoche soweit. Spätestens dann muss das Winterfutter aus den Beuten und die Honigräume drauf, damit die sich Bienen zum Blühstart ausreichend mit ihrer erweiterten Behausung anfreunden konnten. Wir setzen die Honigräume in dieser Saison am 28.03. auf.
Weil das Volk nur auf die knappen Futterreserven um die Brut herum zurückgreifen kann, sind lange Schlechtwetter-Phasen nach dieser Arbeit kritisch. Für das übernächste Wochenende sind 4-5 Tage Flugverbot vorhergesagt, aber wir hoffen, dass die Bienen bis dahin genügend sammeln konnten. Würden wir mit der Futterentnahme noch länger warten, besteht die Gefahr, dass die Königin das Brutnest in die Unendlichkeit ausdehnt, das Futter dort eingelagert wird und die Honigräume bis in den Sommer hinein leer bleiben. Für den Imker 1 Spaghat wieder einmal.
Die weiteren Wochen haben gezeigt, dass dieses Jahr die Auswinterung schleppend vorangeht. Ständig unterbrachen längere Schlechtwetterphasen die Sammelflüge. So füllen sich die Honigräume nur langsam. Das was eingetragen wurde, wird schnell wieder verzehrt und die Völker darben vor sich hin.
In dieser Phase zeigt sich auch, welches Volk gut in den Sommer starten kann. Nur starke und brutfreudige Völker sollten in den Sommer entlassen werden. Schlechte, schwache oder stechfreudige Völker können in dieser Jahresszeit aufgelöst werden, um andere Völker zu stärken. Auch weisellose Völker (solche ohne Königin) sind in dieser Jahreszeit noch dem Untergang geweiht, da neue Königinnen so früh im Jahr noch nicht begattet werden können. Auch diese Völker sind zu Gunsten anderer Völker aufzulösen. Im obigen Bild sind Brutzellen zu sehen, in denen mehr als ein Ei, teilweise sogar sehr viele Eier liegen. Hier ist das Volk seit längerer Zeit weisellos und die Arbeiterinnen haben begonnen, selbst Eier zu legen. Das ist schlecht, deren Eier sind nämlich unbefruchtet und es entstehen nur Drohnen. Das Volk ist aufzulösen. Die flugfähigen Bienen kommen bei ihren Nachbarvölkern unter; die eierlegenden Arbeiterinnen werden dann leider Vogelfutter. Das ist dahingehend gut, da solche eierlegenden Königinnen in weiselrichtigen Völkern Chaos verursachen und die Königin abstechen würden.
Wenn die Hainbuche Blätter austreibt und Apfel & Flieder blühen, ist Vollfrühling angesagt. In Sendling war es Ende April soweit, der Flieder kam dann Anfang Mai dazu. Die Bienen sammeln seit mehreren Wochen aus Kirsche, Apfel und sonstigen Obstbäumen und Sträuchern Honig. Theoretisch. Denn wie 2020 ist auch der Frühling 2021 von langen Schlechtwetterphasen durchzogen, in denen die Bienen nicht sammeln können. Viel Wind, Regen und Kälteperioden sorgen dafür, dass der gesammelte Honig schnell wieder aufgefressen ist und die Bienen dann Hunger leider. Wir mussten wieder Futter zugeben, damit die Bienen nicht verhungern. An gefüllte Honigräume ist nicht zu denken. Vielmehr muss die schnell aufkommende Schwarmstimmung unterbunden werden. Die Völker werden immer stärker, sitzen zuhause und haben nicht viel zu tun. Kein Wunder, dass hier Vermehrungsgedanken aufkommen.
Lange war die Pause, zwischen Beginn des Vollfrühlings und dem Beginn des Frühsommers. Denn der Holunder begann erst in der zweite Juniwoche zu blühen, während der Vollfrühling schon Ende April losging. Ich denke, die Natur musste den verspäteten Start in die Frühlingsjahreszeiten umso ausgiebiger auskosten.
Die Bienen jedenfalls haben die Schlechtwetterphase vergleichsweise gut verkraftet. Zwei Völker sammeln nun fleißig Nektar und Pollen und haben die Honigräume gut angenommen. Unsere Ablegerbildung lief etwas schleppend an und einer hat sogar, wie auch immer, einen Schwarm produziert, der nun fleißig Waben bauen darf. Die restlichen Ableger und die Völker werden turnusgemäß betreut, nach Brut geschaut, wenn nötig erweitert, die Schwarmstimmung kontrolliert und Varroavorsorge betrieben. Ansonsten ist der Frühsommer eine dankbare Jahreszeit: Die Arbeit hält sich in Grenzen, die Bienen sind gut drauf und friedlich. Alles tutti!
Schlag auf Schlag gehts: Die Linde blüht Ende Juni und der Hochsommer ist da. Die Wirtschaftsvölker sammeln fleißig Honig, die Schwarmstimmung ist größtenteils erloschen, die Ableger wachsen zu überwinterungsstarken Einheiten heran. So komisch es klingt, aber ab jetzt neigt sich das Bienenjahr dem Ende: Die Beuten müssen nach und nach mit ausreichend Rähmchen bestückt werden, sodass zur Auffütterung im August genügend Platz für Futter in den Bruträumen ist. Die Varroakontrolle geht wieder los, um im Blick zu haben, welche Völker besondere Aufmerksamkeit erfordern.
In den Hochsommer fällt auch die Honigernte. Wenn die Winterlinde größtenteils verblüht ist, ist auch kein großer Honigeintrag mehr zu erwarten. Um diese Zeit wird geschleudert, dieses Jahr am 13.07. Danach stehen für den Imker einige Arbeiten an: Honig cermig räuhren bzw. gleich flüssig abfüllen, Völker füttern und Varroabehandlungen einleiten.
Hängen die Äpfel bzw. der Holunder reif an den Bäumen und Sträuchern, ist Spätsommer bzw. Frühherbst. Für uns Imker nehmen die Arbeiten langsam ab, dafür steht die Honigvermarktung an. Wer uns sieht, kann gerne ein Glas Honig aus unserem mobilen Verkaufsstand (Rucksack) erwerben. Dieses Jahr schmeckt der Honig schön süß-würzig, weil er aus Frühjahrshonig und Lindenhonig besteht.
An den Völkern gehen die Behandlungen gegen die Varroamilbe und die Fütterungweiter. Wir gehen davon aus, dass im zweiten Septemberdrittel alles erledigt ist und Winterruhe einkehrt.
Sinken die Temperaturen unter 10 Grad ohne Sonnenschein, bleiben die Bienen in der Beute; sie würden sonst verklammen und nicht mehr nach Hause fliegen können. Weht der Wind schneller als 25-30 km/h, fliegen sie auch nicht mehr aus. Denn dann weht er schneller, als Bienen fliegen können, und sie würden ebenfalls nicht mehr nach Hause können. Das ist an den meisten Herbsttagen der Fall und im Winter sowieso. Naturgemäß kehrt also Ruhe ein. Die Winterbienen sitzen zusammengeballt zu einer Traube um die Königin herum. Nichts anderes ist zu tun, als sie zu wärmen und von den Futtervorräten zu zehren.
Die Imker kontrollieren die Entwicklung der Milbenpopulation über die Bodenschieber, um bei schlechter Entwicklung gegensteuern zu können. Ansonsten sind die Beuten den ganzen Winter nach unten hin über das Gitter belüftet, damit kein Feuchtigkeitsstau oder Schimmel entstehen können. Die Bienen "warm einzupacken", kann ich nicht empfehlen. Erstens schimmelt es, und zweitens soll die Königin nicht durch zu hohe Temperaturen zum Brüten animiert werden. Der Futterverbrauch würde immens ansteigen und das Volk im späten Winter verhungern. Neue Studien haben außerdem ergeben, dass die Bienentraube nur sehr wenig nach außen hin wärmt, sondern vor allem ins innere der Traube. Wie warm es um sie herum ist, interessiert sie also kaum.
Wieder geht eine Bienen-Saison zu Ende. 2021 war das letzte Jahr, in dem wir beim Bahnwärter geimkert haben. Wir ziehen 2022 aus München weg und nehmen auch die Bienen mit. Das finden wir zwar schön, aber natürlich auch schade, weil wir uns im Atelierpark sehr wohlgefühlt haben. Aber wir sind nicht aus der Welt und werden unsere guten Freunde dort oft besuchen (und dann natürlich auch Allgäuer Honig mitbringen).
In diesem Sinne: Vielen Dank an alle Bienen-Interessierten und einen guten Start in 2022!
Eure Lena und Peter