Saison 2020

Winter

Im Winter ist es kalt. Denkste! Der Januar 2020 hält nur wenige aufeinanderfolgende Tage mit Tagsfrost bereit. Immer wieder streuen sich Folgetage mit Temperaturen über 10 Grad ein. Die Bienen freuen sich darüber nicht, denn eigentlich sollten sie in der Beute ihrer Dinge harren und die Königin wärmen. Sobald die ersten Blüten offen sind, kann erfolgreich geflogen werden. Ist es aber im Januar schon so warm, dass Flugbetrieb herrscht, verschleudern die Winterbienen Ihre Energie mit erfolglosen Sammelflügen und sterben, bevor sie die erste Generation an Sommerbienen aufziehen konnten. Oder, wenn bereits Pollenangebot herrscht (überfleißige Weiden oder Haselsträucher in der Nähe), dann beginnt die Brut zu früh. Der Futterverbrauch steigt und in anschließenden Kälteperioden verhungern die Bienen, weil zu wenig Futter übrig ist oder weil die Bienentraube die Brutwaben nicht verlässt: Abriss von den Futtwaben. Beides würde das Bienenjahr nicht erfolgreich einläuten.

 

Doch großartig entgegensteuern kann man nicht. Jede Störung bei Temperaturen unter 15 Grad schadet mehr, als sie nutzt. Es können höchstens Sorgenkinder identifiziert werden, denen man sich bei der ersten Durchsicht bei Temperaturen über 15 Grad ganz besonders widmet: Hoher Totenfall oder Varroenfall, erstaunlich leichte Beute bei der Kippprobe, wenig Flugbetrieb bei geeigentem Wetter. Höchstens tote Völker räumt man bereits jetzt ab, um die verbliebenen Völker nicht durch Keimherde zu gefährden.

Diejenigen, die im Spätsommer reichlichst gefüttert haben und im Herbst noch einmal auf Räuberei kontrolliert haben, können sich jedenfalls entspannt zurücklehnen. Mehr ist nicht zu tun.

Vorfrühling

Okay, ich verfolge die konkreten Daten der phänologischen Jahreszeiten noch nicht besonders lange. Aber dass der Seidelbast und die Hasel bereits Ende Januar/Anfang Februar blühen und damit den Vorfühling einläuten, kommt mir schon etwas früh vor. In diesem Jahr sind die Temperatur auch anhaltend vergleichsweise hoch. Viele Perioden mit über 10 Grad Celsius und kaum Nachtfrost. Für die Bienen beginnt damit möglicherweise die Brutperiode. Genaues weiß man erst, wenn man die Beuten öffnet, wofür es aber ausreichend warm sein muss. Problematisch ist zudem der langanhalten starke Wind, der möglicherweise die schon brütenden Bienen von Sammelflügen abhält.

 

An einem windstillen, sonnigen Tag um die 15 Grad kann eine kurze Kontrolle der Völker durchgeführt werden: Leere Waben entfernen und evtl. durch Futterwaben ersetzen, den Sitz der Bienen und ggf. Der Brut und die Mitte der Beute verschieben und kurz kontrollieren, ob die Königin vorhanden ist. Mehr kann man nicht tun, insbesondere weil noch lange kalte Perioden zu erwarten sind. 

Erstfrühling

Mit Blüte der Saalweide endet der Vorfrühling, mit Blüte der (für die Bienen vollkommen nutzlosen) Forsythie beginnt der Erstfrühling. In Münchens Innenstadt dieses Jahr um den 11./12. März. Für Mitte März sind viele warme Tage vorhergesagt, doch nachts und die darauffolgenden Tage soll es deutlich abkühlen. Nun sollte auch der Imker einen kühlen Kopf bewahren und das übrige Winterfutter nicht zu früh entnehmen. Zeit zum einengen des Brutraums und entnehmen der übrigen Futterwaben bleibt bis Ende März noch reichlich. Dann können auch die Temperaturen im beginnenden April abgeschätzt werden.

Vollfrühling

Selbstverständlich gehen vernünftige Leute in Corona-Zeiten nur noch im Bedarfsfall aus dem Haus. Umso besser, dass die Laubentfaltung von Hainbuche und Eiche auch gut aus dem Fenster zu beobachten ist. Mit etwas Glück kann man von dort aus auch blühende Obstbäume, Rosskastanien oder Flieder erspähen. Sichere Anzeichen dafür, dass der Vollfrühling da ist. Dieses Jahr blühten in Münchens Innenstadt die ersten Kirsch- und Apfelbäume am 30./31.03. Höchste Zeit, die Honigräume fertig vorzubereiten und auf die Bruträume aufzusetzen. Natürlich geht das nur, wenn ausreichend Flugwetter vorhergesagt wird, da im selben Zug der restlicher Winterfuttervorrat aus den Bruträumen entnommen werden muss. Ansonsten würden die Bienen das Winterfutter in die Honigräume umlagern. Bei der Ernte würde dann Winterfutter anstatt frischer Honig geschleudert werden. Herrscht allerdings kein Flugwetter, könnten die Bienen verhungern. Wir setzen die Honigräume am 4.4.2020 auf.

 

Wird das Winterfutter entnommen, schrumpft der Brutraum auf die Hälfte der Waben zusammen. Das ist gewünscht. Denn die Königin kann natürlich nicht unbegrenzt viele Waben bebrühten. Besser ist, sie hat (im Idealfall) genau so viele Waben zur Verfügung, wie sie ständig mit Brut versorgen kann. Sonst könnten die Arbeiterinnen, die sich fernab der Königin und ihrer Pheromone im Brutraum langeweilen, auf dumme Schwarm-Gedanken kommen. Da aber die Legeleistung der Königin bin ca. Juni stetig ansteigt, müssen nach und nach auch Brutwaben zugegeben werden, sodass der Brutraum "mitwächst".

 

Spätestens jetzt beginnt auch die Zeit der Varroa-Kontrolle und -vorsorge: Baurahmen geben, Einschubböden kontrollieren, je nach Behandlungsmethode bereits Behandlungen durchführen (z. B. bei Varromed).

 

Und auch schon jetzt kann vorhergesehen werden, welches Volk im Sommer wohl keine Erträge bringen wird oder sogar bis zum Winter nicht auf die erforderliche Überwinterungsstärke mit entsprechenden Vorräten anwachsen kann. Anstatt solche Völker mit Müh und Not am Leben zu erhalten, bietet es sich an, deren Bienen einem anderen schwachen Volk zuzugeben, sodass beide eine starke Einheit ergeben. Alternativ kann auch ein starker Ableger aus mehreren solcher Völker gebildet werden oder mit Bienenmasse gestärkt werden. Jeder helfender Fühler ist hier willkommen!

Frühsommer

Jetzt, wo die Robinie blüht (nicht im Bild), ist der Frühsommer da. Erste Blühmeldungen erreichen uns bereits Anfang Mai. In den Völker füllen sich die Honigräume und in wenigen Wochen steht die Frühjahrshonigernte an - gute Trachtlage und günstiges Wetter vorausgesetzt. Andernfalls schrumpfen die Vorräte schnell wieder zusammen und der Imkern kann bis zur Spätsommerernte nach der Lindenblühte faul bleiben.

 

Faul allerdings nur im Sinne der Honigernte. Den abseits davon gibt es viel zu tun. Ableger und weisellose Völker - aus welchen Gründen auch immer - müssen beobachtet werden, ob Königinnen gezogen werden, schlüpfen und nach erfolgreichem Jungfernflug in Eilage gehen. Geht hier etwas schief, werden Völker "drohnenbrütig": Arbeiterinnen beginnen Eier zu legen. Schlecht, weil es neu zugegebene Königinnen dann schwer haben, wieder die Oberhand zu gewinnen. Vive la revolution Kleinigkeit dagegen!

 

Neben Honig kann die Pollen- und Propolisproduktion gestartet werden. Gerade jetzt, in Zeiten des Trachtüberflusses, schadet es dem Volk nicht, einige Tage einem gewissen Anteil der einfliegenden Bienen bereits am Eingang ihre Pollenhosen abzunehmen. Der Lohn ist ein schmackhaftes Produkt, dem zudem noch allerlei Wunderwirkungen nachgesagt werden.

 

Auch Schwärme lassen im Frühsommer - selbst bei gewissenhafter Durchsicht - nicht immer verhindern. Hier zieht die alte Königin kurz vor Schlupf der neuen Königin mit einem Teil der Arbeiterinnen um. Taktisch nicht ganz durchdacht wird die neue Behausung allerdings erst gesucht, nachdem der Auszug bereits erfolgt ist. In der Zwischenzeit finden sich Königin und Begleitbienen im Umkreis der alten Beute zu einer Traube zusammen - hier an einem Haselnussstrauch, der unter der Bienenlast umgefallen ist. Der Imker kann dann die Traube in eine Beute abfegen, die restlichen Bienen dazufliegen lassen und dass neue Gebilde mit Mittelwänden und Flüssigfutter versorgen. Gefällt die neue Wohnung, bleiben Königin und ihre Gefolgschaft und die Waben werden schnell ausgebaut.

Hochsommer

Hochsommer Anfang Juni? Klingt komisch, aber phänologisch beginnt diese Jahreszeit mit Blüte der Sommerlinde. 2020 also schon in der ersten Juniwoche. FÜr den Imker verlagert sich die Arbeit weg von der Schwarmkontrolle - bei uns ist der Schwarmtrieb nach Auszug des Schwarms im Frühsommer - hin zur Vorbereitung der Honigernte, der Haupt-Varroabehandlung und der Auffütterung: Eimer, Siebe, Gläser, Kisten, Beuten, Fütterer, Futter, Behandlungsmittel, Gerätschaften und vieles mehr suchen, vorbereiten, putzen oder kaufen.

 

Die Linde ist in Münchens Innenstadt der Brot- und Butterbaum der Biene. Zwar liefert die Obstblüte im Frühjahr schon einiges an Nektar, aber die Linde ist durch nichts zu übertreffen. Honigräume sind frühzeitig zu erweitern und auf Eintrag zu kontrollieren. Das Brutnest darf nicht verhonigen, damit genug Platz für die Brut bleibt.

Spätsommer

Der Spätsommer hält mit beginnender Reife der späten Obstsorten viel Arbeit für die Imker bereit. 2020 war das Anfang/Mitte August der Fall. Erstes To-Do, nach Ende der Lindenblüte, eigentlich noch im Hochsommer bei Ende der Linden-Tracht, ist Honigschleudern. Highlight in jedem Jahr natürlich. Die Saison 2020 war aber von langen Schlechtwetterphasen geprägt, was sich schlecht auf Honigertrag und Völkervermehrung ausgewirkt hat. Zweites To-Do: Füttern: Mit Ende der Tracht (nach der Linde blüht nicht mehr ausreichend, damit die Bienen sich selbst versorgen könnten) hat der Imker seine Bienen mit ausreichend Futter zu versorgen. Entnommener Honig wird teilweise mit Futterlösungen ersetzt. Drittes To-Do: Spätsommerbehandlung gegen die Varroamilbe. Wer schon das Jahr über biotechnische Verfahren angewendet hat (Drohnenbrutentnahme, Brutpause mit Fangwabe oder ähnliches) wird relativ schwach belastete Völker haben. Trotzdem gilt es, die exponentielle Varroavermehrung jetzt zu bremsen ("Flatten the Curve", für alle ein Begriff). Deshalb wird mit Ameisensäure behandelt, die über mehrere Wochen in der Beute verdunstet. Die Bienen nutzen diese Gelegenheit gern für langanhaltende Sitzstreiks vor der Beute.

 

Einzelne Arbeiten an den Völkern ziehen sich in den Herbst, aber im Grunde ist im Spätsommer die Saison schon vorbei und die Bienen werden winterfest gemacht.

Frühherbst

Wenn Holunder blüht und die Rosskastanien von den Bäumen fallen, beginnt der Frühherbst. Zu diesem Teitpunkt sollte die Fütterung der Bienen beendet sein und die zweite Ameisensäure-Behandlung gegen die Varroamilbe schon begonnen haben. Nebenher bleibt Zeit für "Nebenherarbeiten": Alte Königinnen, die in der nächsten Saison aller Voraussicht nach ausfallen werden, bekommen ein Ruhestands-Domizil (oben im Bild mit hauseigener Diskokugel) und werden durch eine junge Königin erstetzt. Coronabedingte Lockdownphasen können zum zusammenlöten und programmieren einer digitalen Stockwaage mit Email-Datenversand verwendet werden:

Restherbst & Winter

Im restlichen Herbst und im abschließenden Winter der Saison bleibt für den Imker nicht viel zu tun. Wenn im Spätsommer ausreichend gefüttert und auch die Varroabehandlungen durchgeführt wurden, kann sich entspannt zurückgelehnt werden. Im Dezember steht noch eine Winterbehandlung an, ansonsten sollen die Winterbienen ungestört frieren, um die Brut einzustellen und sich ihrem einzigen Zweck widmen: Überleben bis zum nächsten Frühjahr.